Intensiv am Limit bei ZDF Frontal am 25.10.2022
Nachtschichten, Bereitschaftsdienste, zu viele Überstunden – ein Viertel der Klinikärzte erwägt inzwischen, den Job zu wechseln. Das geht aus der aktuellen Mitgliederbefragung des Marburger Bundes hervor.
Tim Arnold war am 25.10.2022 zu Gast bei Frontal 21.
Mit anderen teilenIntensiv am Limit zu Gast im ZDF heute-journal am 23.10.2022
Sendung vom 23.10.2022
Mit anderen teilenStreik am 5. Oktober 2022
Am 5. Oktober 2022 kam es zu einem eintägigen Warnstreik zu dem der Marburger Bund aufgerufen hatte, nachdem die Tarifverhandlungen zwischen Charité und Marburger Bund scheiterten. Fast 1.000 Ärzte der Berliner Uni Klinik nahmen an diesem Warnstreik teil. Wir von Intensiv am Limit waren auch mit dabei. Caro und Tim waren als Redner auf die Bühne. Tims Rede könnt ihr hier nachlesen:
Im Dezember 2021 hat die Aktion „intensiv-am-limit.de“ in einem von mehr als 3000 Ärzten aus ganz Deutschland unterstützten Brandbrief auf die prekären Arbeitsbedingungen in der Intensivmedizin hingewiesen. Persönliche Kontaktaufnahmen zur Senatorin für Gesundheit, Pflege und Gleichstellung, Frau Gote sowie zum Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach bleiben bis heute unbeantwortet- ignoriert- ebenso wie unser aller mahnenden Worte der letzten Jahre ignoriert wurden, lächerlich gemacht wurden und vom Tisch gewischt worden sind. „Ärzte streiken nicht“ haben wir oft gehört! Doch wir beweisen heute das Gegenteil!
Ich bin Arzt. Ich bin Intensivmediziner und Notarzt. Mein Name ist Tim Arnold, ich arbeite seit 13 Jahren an der Charite im Bereich der Notfall- und Intensivmedizin. Ich bin Mitbegründer der Aktion „intensiv-am-limit.de“.
Ich liebe meinen Beruf. Ich liebe es Menschen mit meinem Wissen und Können in lebensbedrohlichen Situationen helfen zu können. Ich liebe es in einem Team zu arbeiten, schnelle Entscheidungen zu treffen. Ich liebe es zu sehen, dass unser aller Anstrengung in einer Genesung des Patienten mündet. Ich liebe es jungen Assistenzärzten meine Erfahrungen weitergeben zu können und ich liebe es einfach mal am Bett eines Patienten zu sitzen, ihm Trost zu spenden und zuzuhören. Ich liebe es, einen Patienten nach schwerer Krankheit wieder lächeln zu sehen. Ich liebe meinen Beruf.
Eigentlich. So wie wahrscheinlich alle von euch, die heute hier versammelt sind!
Aber wie kann ich meinen Beruf lieben, wenn ich aufgrund der immer weiter zunehmenden Arbeitsverdichtung eine adäquate Versorgung meiner Intensivpatienten nicht mehr sicherstellen kann, weil ich müde bin, weil ich ausgelaugt bin, weil ich keine Kraft mehr habe nach Wertschätzung zu lächzen und immer weiter zu machen, durchzuhalten, zu kämpfen und die Zähne zusammenzubeißen.
Wie kann ich meinen Job lieben, bei dem ich mich in Pandemiezeiten selbstverständlich dem höchst denkbaren Ansteckungsrisiko aussetze und als einzigen Dank eine Videobotschaft bekomme?
Wie kann ich meinen Beruf lieben, wenn jeden Tag neue Dokumentationszwänge und andere Aufgaben einen ohnehin schon überfüllten Tagesplan überfrachten.
Wie kann ich meinen Beruf lieben, wenn ich regelmäßig bis zu 70 Stunden pro Woche arbeite, mindestens zwei volle Wochenenden im Monat in der Klinik bin und viel zu oft nicht zu Hause bei meiner Familie schlafen kann. Jedes Jahr verbringe ich entweder Weihnachten oder Silvester, Pfingsten oder Ostern in der Klinik, ohne dafür eine adäquate Entschädigung zu erhalten.
Wie kann ich meinen Job lieben, wenn ich an Wochenenden und Feiertagen mindestens 13 Stunden pro Tag in der Klinik bin und keine Zeit mehr für meine Freunde und Hobbys habe, wenn ich meine Freundin nur noch von Fotos kenne.
Wie kann ich meinen Job lieben, wenn in einem 17 Stunden Bereitschaftsdienst ständig das Telefon klingelt, weil ich erreichbar sein muss. Wenn ich anstelle der vorgesehenen 8 Stunden Ruhezeit regelhaft nur 2 oder 3 Stunden Ruhezeit habe und dafür nicht mal besser entlohnt werde. Wer kann sich vorstellen, wie es sich anfühlt 17 Stunden mit Tempo 200 über eine volle Autobahn zu fahren, mit voller Fahrt voraus auf eine Hafenmauer zuzusteuern?
Wie kann ich meinen Job lieben, wenn ich nach 17 Stunden Bereitschaftsdienst sogar noch Minusstundenmache, weil ich erschöpft und müde nach Hause gehen muss.
Wie kann ich meinen Job lieben, in dem keine Zeit mehr bleibt für Gespräche mit Angehörigen, für die emotionale Begleitung Sterbender oder auch eine persönliche Aussprache mit meinem Team.
Wie kann ich meinen Job lieben, in dem „work-life-balance“ ein Schimpfwort ist und die Arbeitszeitbegrenzungen für Piloten oder Kraftfahrer müde belächelt werden. Einen Job, der ständig Verantwortung für Menschenleben trägt, dem eine Arbeitszeitbegrenzung aber verwehrt bleibt.
Wie soll ich einen Beruf lieben, in dem maximale Flexibilität und komplette Selbstaufgabe als Selbstverständlichkeit vorausgesetzt werden? Einen Job, der kein planbares Privatleben zulässt, weil man ständig für Dienste einspringen muss. Einen Job, der die höchste Suizidrate sämtlicher Berufe mit sich bringt, in dem Burnout und Depression beinahe immer vor der Rente kommt. Und all das, weil die gut bekannten Belastungen, die seit Jahren angeprangerten schlechten Arbeitsbedingungen und die Forderungen nach tiefgreifenden, längst überfälligen Veränderungen konsequent ignoriert werden. Ich bin an der Grenze meiner Belastbarkeit angekommen, ich bin erschöpft, ich bin frustriert und ich bin noch immer müde von meinem letzten Dienst.
Die Liebe zu meinem Beruf ist erschöpft. Ich will kein Held mehr sein. Ich habe die Schnauze voll- und wenn sich nichts ändert werde ich unsere Beziehung beenden- meine Liebe ist leider verstorben, alleine, aber gut dokumentiert und abgerechnet.
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Treffen zwischen intensiv am limit und dem Landesverband Berlin-Brandenburg der Marburger Bundes
Nach unserem ersten Gespräch mit dem Bundesvorstand des Marburger Bundes hat dieser das heutige Gespräch mit dem Landesverband Berlin Brandenburg des Marburger Bundes vermittelt. Ziel war es auf landesebene konkrete Unterstützungsmöglichkeiten für die Anliegen von intensiv-am-limit.de auszuloten. An dem Treffen haben neben dem intensiv am limit Team der Präsident der Ärztekammer Berlin und gleichzeitig Landesvorsitzende Berlin/Brandenburg des Marburger Bundes PD Dr. Peter Bobbert sowie der Geschäftsführer Berlin/Brandenburg der Marburger Bundes Stefan Pohlmann teilgenommen. In diesem teils kontroversen und über zwei Stunden dauernden Gespräch erkannte PD Dr. Bobbert die Kritik seitens intensiv am limit an, „der Arbeitsplatz Krankenhaus ist vollkommen inakzeptabel“ und „die Arbeitsbedingungen sind vernichtend schlecht“. Er verwies auf unsere Bitte um konkrete Unterstützung jedoch an die Zuständigkeiten des Personalrates, vor Ort geschaffene Clearingstellen und die Eigenverantwortlichkeit jedes einzelnen Arztes, ggfls. auch juristisch geltendes Tarifrecht einzuklagen. „An diesem Punkt kann der Marburger Bund dann juristische Unterstützung leisten“. Konkrete Zusagen oder Unterstützungsangebote blieben leider vorerst aus.
Mit anderen teilenTreffen zwischen intensiv am limit und dem Marburger Bund
In einem Treffen zwischen den Initiatoren von intensiv am limit und der 1. Vorsitzenden des Marburger Bundes, Frau Dr. Johna sowie dem Bundesgeschäftsführer des Marburger Bundes, Herrn Ehl sichert der Marburger Bund der Aktion intensiv-am-limit.de breite Unterstützung für seine berechtigten Forderungen zu. Mehr als eine Stunde wird gemeinsam nach Strategien und Lösungsansätzen gesucht.
Mit anderen teilenIntensiv am limit in der Marburger Bund Zeitung
In der Marburger Bund Zeitung wurde von uns ein Artikel veröffentlicht, den wir euch hier zur Verfügung stellen dürfen:
Mit anderen teilenWeihnachten am Limit
Brandbrief an den Marburger Bund, die Senatorin für Gesunheit und den Bundesgesundheitsminister

DocCheck berichtet über intensiv-am-limit
Auf DocCheck wurde heute ein Bericht über unsere Initiative veröffentlicht. Der gesamte Beitrag kann hier abgerufen werden.
Mit anderen teilenWenn es um die Corona-bedingten Belastungen in den Krankenhäusern geht, dann reden alle sofort über die Pflege. Und das natürlich zu Recht, aber es ist eben nicht nur die Pflege, die in der Intensivmedizin auf dem Zahnfleisch kriecht. Auch die Intensivmediziner arbeiten spätestens seit Herbst 2020 am Limit, in vielen Regionen ging es schon vorher los. Anders als in der Pflege lässt sich ein geregelter Schichtbetrieb auf ärztlicher Seite oft schwerer durchhalten. 70 bis 80 Wochenstunden Arbeit ist für Ärzte auf Intensivstationen in Regionen mit höherer Inzidenz keine Ausnahme.
DocCheck vom 14.12.2021